Balkonkraftwerke – Flexible Verarsche an Leistungsgewinnung

Der Titel ist vielleicht etwas reiserisch, trifft aber dennoch ganz genau meine Meinung zu einem kleinen Testaufbau aus Eigeninteresse.
Der Beitrag hier soll nicht nur meine Meinung widerspiegeln, sondern auch gleich ein Datenblatt sein, weils mal wieder nichts brauchbares im Netz gibt.
Ich will hier nicht auf Ballkomkraftwerke im allgemeinen eingehen, sondern nur auf mein gekauftes Produkt hier und dessen Einsatzzweck.
Hätte es einen guten Produktnamen, würde auch der im Titel stehen.

Vorab: Ich hab absolut keinen grünen Daumen und hab mir die Anlage nur aus zwei Gründen gekauft.
Zum einen um die Stromkosten noch etwas zu optimieren und zum anderen weils mit interessiert, was die Sachen so drauf haben.
Wer also hier auf Öko-Spar-Tipps hofft, ganz falsch Webseite 😉
Auch habe ich bereits 17kWp aufs Dach gezimmert, ich kann also aus etwas Erfahrung hier schreiben.

Ich habe meine PV-Anlage mit einem „Balkonkraftwerk“ erweitert.
Für meinen Bestimmungsort suchte ich ein Kraftwerk mit kleinen PV-Platten, welche auch schmal sind.
So siehts optisch gut aus und das Wetter kann den Platten auch nicht sonderlich viel anhaben.
Nach etwas Sucharbeit bin ich dann auf mehrere Angebote gestoßen, welche PV-Module aus dem Campingbereich mit einem Wechselrichter für 230V anbieten.
Onlineshops wie eBay & Co. sind ja voll damit.
Also habe ich mir mal so ein Set besorgt, was meinen Erwartungen entsprechen sollte.
Preiswert ist was anderes, aber für Rund 650€ erhält man ein steckfertiges System.

600 Watt kann man ohne großes Tamtam ans Netz bringen, weshalb meine Bestellung zwei Sets beinhaltet, welche jeweils 300 Watt liefern sollten.
Klingt doch erst mal gut.
Wird ja so als legal und “optimal” verkauft.

Die PV-Platten:

Geliefert wurden 4 Platten – zwei pro Set – der Marke Wuzeck.

Dabei hat ein Modul folgendes Datenblatt:
Herstellernummer: 201010001
Größe: 105cm x 53cm x 2,5cm (HxBxT)
Spannung: 18V sind angegeben, korrekt sind 16V
Strom: 11A
Stromart: Gleichstrom
Leistung: 150 Watt piek
Bauart: Monokrystallin
Anschluss: MC4
Farbe: Schwarz

Im Lieferumfang enthalten waren noch einige Befestigungsmaterialien für die Platten, welche aber nicht gebraucht werden, weil sie einfach nur falsch sind.

Die Module sind durchaus flexible und relativ gut verarbeitet.
Da kann man nichts groß dagegen sagen.
Einziger negativer Punkt ist die Anschlussbox an der PV-Platte selbst.
Die Kabel sind starr verankert, was beim verlegen eventuell zu ein paar ungewünschten Biegeradien führen kann, soferns „schön“ aussehen soll aber dennoch die Kabel nicht abgeknickt werden.
Auch müssen wir mal über die Farbangabe reden.
Zwar sind die Zellen schwarz, aber die PCV-Platte ist es irgendwie nicht. Die ist weiß.
Dies kann je nach Monatageort vielleicht doch doof aussehen.
Man siehts auf den Produktbildern im Shop, denen darf man aber ja nicht immer zu 100% vertrauen. War also ein Risikokauf.

Was fehlt ist ein vernüftiges Datenblatt. Da ist kein Stück Papier enthalten gewesen.
Es gibt nur ein kleinen Aufkleber auf der Schutzfolie der Platten, welcher eine Spannung von 16 Volt angibt.
Warte mal, auf der Webseite steht aber 18 Volt.
Wie viel also ein Modul selbst liefert, kann man so nicht erkennen, das muss man selbst Messen.
Das riecht jetzt schon nach China-Schrott.

Größter Witz ist auch die Angabe für den Aufbauort. “Innen”.
Ja genau, ne PV-Anlage innen aufbauen.
Ich habs mal probiert und die Module ans Fenster gelegt.
Geht halt dann – oh Wunder – nicht sonderlich gut.
Die Dinger müssen im Freien sein, damit überhaupt nutzbarer Strom erzeugt wird.

Der Wechselrichter:

Im Lieferumfang war pro Set ein Wechselrichter der Marke …. such dir was aus … enthalten.
Aufgedruckt ist nur der Name Micro Inverter WVC-300.
Dies steht für 300 Watt, denn von dem oder den Hersteller(n) gibt es mehrere Leistungsklassen.
Man kann also bei dem Informationsgehalt schon sagen, das es sich hierbei um ein Billigteil aus China handeln muss.
Jeder Hersteller der was von sicht hält, schreibt vernünftig sein Namen und Adresse auf Gerätschaften.
Wenn man danach sucht, findet man aber nicht viel possitives.
Da man zum Wechselrichter selbst auch nur Bedingt Informationen findet, hier das Datenblatt:
Hersteller: Intertek / Life / Topraysool / Y&H / ….
Eingangsspannung PV: 22 – 50 Volt DC
Eingangsstrom: Ungewiss
Eingangsleistung: Bis 300 Watt

Die Verarbeitung von außen ist tatsächlich gut.
Es gibt keine scharfen Kanten, die Buchsen sitzen gerade und der Befestigungsbügel an der Oberseite kann man auch bei Bedarf drehen.
Das Netzkabel macht ein Ordentlichen Eindruck und lässt sich mit dem Schraubverschluss auch sicher am Wechselrichter anbringen.

Auf der Seite befinden sich die Anschlüsse für die PV-Module als auch der Netzanschluss.
Für den Netzanschluss steht dort auch eine blaue LED zur Verfügung, welche bei verfügbarem Netz leuchtet.
Die Vorderseite hat nur den üblichen Warnungstextaufkleber, welcher natürlich nicht auf deutsch ist.
Die Rückseite besitzt neben dem Aufdruck auch eine LED, welche den aktuellen Betriebszustand des Wechselrichters angibt.
Da es zu der Status-LED absolut nichts brauchbares an Informationen gibt, hier die Blinkcodes:
Dauerhaft ROT = Es liegt noch nicht ausreichend Leistung an ODER es liegt zu viel Leistung an
ROT blinkend = Es liegt noch nicht genügend Leistung an, aber es wird langsam was
ROT schnell blinkend = Es liegt viel zu wenig Leistung an
GRÜN blinkend = Schwellwert ist erreicht, wo die Leistung fast schon zu knapp sein könnte, aber der WR arbeitet
Dauerhaft GRÜN = Der Wechselrichter arbeitet normal

Der Wechselrichter hat aber keine Möglichkeit die Anbindung an das Heimnetzwerk zu ermöglichen, um die aktuellen Ertragsdaten abzufragen.
Hierfür muss man sich ein extra Stromzähler besorgen, sofern man diese Infos haben möchte.
Es gibt kein WLAN, kein sonderbarer Funk oder eine eingebaute Leistungsanzeige.
Mein Modell funkt gar nichts, da weder per WLAN, Bluetooth oder gar 433MHz etwas zu ermitteln ist.
Andere Wechselrichter für Balkonkraftwerke besitzen solche Funktionalitäten.

Im Leerlauf verbraucht ein Wechselrichter auch ca. 1,5 Watt.
Das ist im Vergleich zu anderen für die größe schon relativ viel.
Ein SMA Tripower 8000 verbraucht gerade einmal 6 Watt und ein Noname-Wechselrichter für Balkonkraftwerke bis 600 Watt unter einem Watt, was für mich nicht messbar ist.
Mein Tipp hierbei: Den Wechselrichter mit einer smarten Steckdose bestücken und ihn über die Nacht ausschalten. Die Steckdose braucht weniger Strom als der Wechselrichter.

Die Extras:

Neben PV-Modulen und Wechselrichter gibts noch jede Menge mehr.
Hab ich eigentlich nicht bestellt, war nirgendwo angegeben, aber was solls.
Im Lieferumfang enthalten waren noch weitere Kabel, um die Leitungen der PV-Module zu verlängern (jeweils 2 Meter Länge).
Für die Kabel gab es auch passende Stecker, welche man zum Teil noch selbst anbauen musste.
Auf einem Ende waren schon welche dran.
Das hat den Hintergrund, da in einer Tüte ein Y-Stecker enthalten ist, um eine Parallelschaltung zu ermöglichen.
Ontop gab es noch ein Laderegler, falls man die PV-Anlage zum Campen mitnehmen möchte und ein 12V Akku geladen werden sollte inkl. Passenden Kabel mit Klemmen.
Um alles irgendwie fest zu bekommen, waren L-Profile und M6-Schrauben mit Muttern inkl. Unterlegscheiben enthalten.
Wie man die aber Sinnvoll für den “Hausgebrauch” … äääh Balkongebrauch einsetzen könnte, ist mir bis heute nicht klar.
Mit den L-Profilen würden die PV-Module in der Luft hängen, was nicht sonderlich gut ist, wenns mal ordentlich stürmen sollte.
Zur Befestigung an Geändern oder Dächern ist es nicht geeignet.
So kann man sie höchstens dazu verwenden, den Wechselrichter an sonderbare Orte vielleicht fest zu bekommen.

Fazit:

Die Anlage an sich läuft erst mal.
Zwei Module mit dem Welchselrichter funktionieren.
Ein Modul ist zu wenig und drei – obwohl das Datenblatt es hergeben sollte – sind zu viel.
Schließt man das dritte Modul in die Reihe, schaltet der Wechselrichter bei Sonnenschein ab.
Je nach Aufbauort kann eine Paralellschaltung Sinn ergeben, bei mir allerdings nicht. Die passenden Adapter liegen ja bei.
Die Theorie erlaubt das nicht, da wir mit 3 Platten über 300 Watt kommen, die Praxis sieht anders aus.
Ob der Wechselrichter das allerdings dauerhaft mitmacht, ist eine ander Frage.

Doch bei dem Gespann gibts eine größere Unstimmigkeit.
Die 300 Watt.
Denn die existieren wohl nur beim Hersteller auf der Angebotsseite. Bei mir nämlich nicht!
Mir ist klar, das diese Angabe die Piekleistung ist, diese habe ich aber nie und auch nie nur im Ansatz erreicht.
Das Set bestehend aus zwei Modulen und einem Wechselrichter, schafft an guten Tagen gerade mal 100-120 Watt. Also nicht mal die hälfet was angegeben wird.
Mit zwei Wechselrichtern lässt sich also so rund 200-250 Watt an Strom gewinnen.
Besser als nichts, aber halt nicht das was angegeben ist.
Ein Set – 2 Platten, 1 Wechselrichter:

Zwei Sets kombiniert – 4 Platten, 2 Wechselrichter:

Ich habe zwar nicht den “perfekten” Aufstellort für die Anlage und der Winkel Richtung Sonne passt auch nicht super.
Es ist zeitweise ein Dach im Weg oder auch mal ein Baum. Gut, das hab ich so gewollt.
Dennoch kommt bei mir nie als meist 230-240 Watt heraus, wenn die Sonne voll auf die Platten scheinen kann. Wenn Wolken da sind, sogar deutlich weniger.

Für den Campingbetrieb und das Aufladen eines Akkus, welcher 12 Volt besitzt, mag dies vollkommen in Ordnung sein.
Für den Einsatz Zuhause, um die Stromkosten etwas zu senken, ist das Set aber eine Verarsche.
Was anderes kann man nicht dazu sagen.
Es kommt nicht das raus, was auf dem Datenblatt steht.
Kann man den verschiedenen Beiträgen im Internet Glauben schenken, ist die Qualität des Wechselrichters und Laderegler für den Akku billigster China-Schrott.
Ich bin mal gespannt, wie lange die Dinger durch halten.

Wer für seine Örtlichkeit (wie ich sie auch habe) nur kleine Module einsetzen kann und auch noch den letzten Winkel mit PV bebauen möchte, für den bleibt fast nichs anderes übrig.
An sich funktioniert es ja und die Idee ist gut, aber halt nur nicht so gut wie angegeben.
Auch sind die Anschaffungskosten von rund 550-650€ definitiv zu viel Geld.
Die Sache sollte sich ja auch in einem absehbaren Zeitraum rechnen und das tuts eben nur, wenn Leistung erzielt wird.

Wer den Platz hat, „normale“ große PV-Module zu installieren, nimm auf jeden Fall die!
Selbst Discounter wie Netto, Aldi, Lidl oder Edeka hatten bereits Angebote mit Balkonkraftwerken, welche tatsächlich besser sind, als meine flexiblen Module hier.
Sie sind zwar größer, erzielen aber meist die angegebene Leistung, sofern die Bedingungen existieren.
Die kleine Variante ist wirklich nur noch für die kleinste Optimierung oder Sonderfälle wirklich zu empfehlen.
Da ich hier auch nur optimierungen der Stromversorgung anvisiert habe, passt das für mich.

Angesichts der steigenden Strompreise wollen hier wohl einige mal noch schnell Geld machen.
Bedienen sich am Camping-Bedarf und basteln “schnell” mal was für Zuhause zusammen, ohne das vorher mal zu testen und vernünftige Anleitungen zu schreiben.
Für Personen die von dem Thema keine Ahnung haben, kann dies schnell in Frust enden, weil man offensichtlich schon teilweise abgezockt wird.
Passt daher beim Kauf auf!

Nur mal so als kleine Rechnung:
Zwei Platten mit einem Wechselrichter ergeben rund 0.8kWh pro Tag.
Nimmt man diesen “guten” Wert und verrechnet ihn mit z.B. 40ct pro kWh, hat man rund 35-36ct Ersparnis pro Tag.
Dies aufs Jahr gerechnet sind etwas um die 130€.
Kostet das Set aus zwei Platten und einem Wechselrichter rund 325€, haben wir erst nach 2,5 Jahren wirklich Geld gespart.
Da in dieser Rechnung die Wintermonate noch nicht dabei sind, reduzieren wir einfach den Ertrag auf z.B. 0,7kWh pro Tag.
Zack, sind wir schon bei über 3,2 Jahren.
Sind die Platten an einem ungünstigen Ort platziert, dauerts eben noch länger.

Mein Tipp an Bastler:
Ergänzt die Anlage mit einem “smarten” Stromzähler und Systeme wie openHAB oder Home Assistant, um die Wohnung bzw. das Haus effizienter nutzen zu können und einen Überblick der erzeugten Leistung zu erhalten.

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